Neurodermitis-Therapie als dein Projekt

Finde deinen ganz persönlichen Weg, deiner Haut zu helfen

04.10.2021
Lesedauer: 4 Min.

Wenn du spürst, dass deine trockene Haut beginnt zu jucken und sich zu entzünden, solltest du das nicht ignorieren. Denn hinter diesen Beschwerden kann ein atopisches Ekzem stecken – die chronische Hauterkrankung Neurodermitis. Sie lässt sich gut in Schach halten. Dazu braucht deine Haut jedoch Hilfe: eine auf deine Beschwerden abgestimmte Neurodermitis-Therapie. Das klingt für dich im ersten Moment vielleicht nach einer kurzfristigen medizinischen Maßnahme. Wir fassen diesen Begriff jedoch weiter. Eigentlich geht es aber darum, deine Haut zu begleiten, mit allen Hilfestellungen, die ihr guttun. Die medizinische Behandlung ist dabei ein wichtiges Puzzlestück für die Patienten. Doch viele weitere sind ebenso von Bedeutung, um die Haut auf lange Sicht zu stabilisieren. Lerne Schritt für Schritt die Faktoren kennen, die deine Haut reizen können. Du erfährst außerdem, wie du sie so gut wie möglich umgehen kannst. Klingt nach einem größeren Projekt? Richtig. Das Gute: Es kann dein Bewusstsein für deine Erkrankung schärfen und dir zu längeren Phasen ohne Symptome der atopischen Dermatitis verhelfen.

Zufriedene Person

Wieso erkrankt man an Neurodermitis?

Lass uns einmal schauen, warum deine Haut überhaupt juckt und sich entzündet. Die Veranlagung für die Erkrankung Neurodermitis wurde dir von deinen Eltern mitgegeben. Sind deine Mutter und dein Vater erkrankt, liegt dein persönliches Risiko für eine sogenannte atopische Dermatitis bei 60 bis 80 Prozent. Dafür, dass Neurodermitis bei dir auch tatsächlich ausbricht, sind jedoch weitere Auslöser verantwortlich. 

Was sind die Ursachen – und kann eine Therapie Neurodermitis heilen?

Zeigen sich die für Neurodermitis typischen Symptome und Hautveränderungen, stecken verschiedene Faktoren dahinter. Welche das sind, ist noch nicht vollständig geklärt. Es fehlen also noch Erkenntnisse, um die komplexen Ursachen gezielt dauerhaft behandeln zu können. Von diesen Auslösern weiß die Wissenschaft bereits, dass sie eine Rolle spielen:

Die Gene – an dieser Ursache kann auch eine Neurodermitis-Therapie nicht rütteln:

  1. Deine Haut ist anders aufgebaut als die gesunder Menschen. Ein Proteinmangel beeinträchtigt ihre Schutzbarriere. Deine Haut ist daher trockener und empfindlicher.
  2. Dein Immunsystem ist sehr empfindlich und reagiert auch auf Stoffe, die eigentlich harmlos sind. Häufig neigen Patienten mit Neurodermitis daher auch zu Allergien. 

Die Schwächen deiner Haut – teilweise durch eine Neurodermitis-Therapie beeinflussbar

Während eines Schubs ist bei 90 Prozent der Patienten eine bakterielle Fehlbesiedlung zu beobachten. Das Bakterium Staphylococcus aureus verdrängt nützliche Kollegen und stört die hauteigene Immunreaktion. Bestimmte Enzyme des Bakteriums sorgen außerdem dafür, dass Allergene leichter in die oft trockene Haut gelangen und die Entzündung befeuern.

Neurodermitis-Trigger – sie spielen in deiner Neurodermitis-Therapie eine große Rolle

Trigger sind Reize, die dein Immunsystem falsch einordnet und mit Entzündungen bekämpft, die wiederum ein atopisches Ekzem hervorrufen können. Welche das sind, ist von Patient zu Patient unterschiedlich. Häufig lassen sie sich in diese Kategorien einordnen:

1
Äußere Reize
  • Hitze und Kälte
  • Nahrungsmittel
  • Allergene wie Pollen
  • Zusätze wie Duftstoffe 
  • Materialien wie Wolle oder synthetische Fasern
  • Schweiß
2
Psychische Auslöser
  • Stress
  • Schuldgefühle
  • Umbrüche
  • Konflikte
  • Sozialer Druck
Bild-Idee: Info-Grafik, die Gene, Bakterien und Trigger als Ursachen und Auslöser aufzeigt

Wo sind die Chancen und Grenzen, mit einer Therapie Neurodermitis zu bekämpfen?

Deine Haut wird in der Regel dein Leben lang trocken bleiben. Sie braucht tägliche Pflege – das Fundament deiner persönlichen Neurodermitis-Therapie. Dass dein Immunsystem überaktiv ist, kannst du ebenfalls nicht beeinflussen. Lass dich davon nicht entmutigen! Deine Haut wird mit großer Wahrscheinlichkeit positiv darauf reagieren, wenn du bewusster lebst. Heilbar ist deine Erkrankung zwar nicht. Allerdings können die Symptome durch die richtige Behandlung stark in den Hintergrund treten. Bei Kindern ist das häufiger der Fall: Bis zu 80 Prozent sind in der Pubertät mit dem Thema Neurodermitis durch. Bei Erwachsenen treten die Schübe eher dauerhaft auf. Doch du kannst gute Voraussetzungen dafür schaffen, dass du langfristig symptomfrei bist. 

Was du gegen Neurodermitis tun kannst:

  • deine Haut rücksichtsvoll behandeln und nicht kratzen
  • die Hautbarriere durch die richtige Pflege schützen und stärken
  • mit ärztlicher Hilfe und verordneten Arzneien die Entzündungen eindämmen
  • deine Ernährung umstellen
  • deine Erkrankung annehmen
  • Stress reduzieren oder Strategien erlernen, wie du mit Stress besser umgehen kannst

In 8 Schritten zu deiner persönlichen Neurodermitis-Therapie

Du hast jetzt erfahren, wie komplex die Zusammenhänge deiner Hauterkrankung sind. Selbst die Forschung hat noch Wissenslücken, die ungeklärt sind. Die Vielfalt der Faktoren für einen Schub zeigt aber auch: Wenn es darum geht, deiner aufgewühlten Haut zu ruhigeren Zeiten zu verhelfen, kannst du das auf ganz unterschiedliche Weise tun. Wir helfen dir dabei, indem wir dich bei der Behandlung deiner Erkrankung an die Hand nehmen. Mit jedem Schritt kommst du deinem Ziel näher, länger möglichst beschwerdefrei zu leben.

Bild Idee: Infografik "In 8 Schritten zu deiner persönlichen Neurodermitis-Therapie"

Schritt 1: Die Diagnose und medizinische Behandlung

Wenn du Anzeichen für Neurodermitis wie trockene, schuppige Haut und Juckreiz bemerkst, such bitte deine:n Dermatolog:in auf. Die richtige Diagnose ist der wichtigste Schritt, damit die  passenden medizinischen Maßnahmen eingeleitet werden können. Sie richten sich danach, wie schwer deine Ekzeme ausgeprägt sind. 

  1. Leichte Ekzeme: Entzündungen eindämmen mit Cremes und Salben mit niedrig dosiertem Kortison oder Calcineurin-Inhibitoren und eine Therapie mit UV-Licht
  2. Mittelschwere Ekzeme: höher dosierte Kortisonpräparate (oder Calcineurin-Inhibitoren) und UV-Bestrahlung 
  3. Schwere Ekzeme: zusätzlich Immunsuppressiva oder Biologika – diese Therapie für Neurodermitis setzt am Immunsystem an

Schritt 2: Nicht kratzen – Alternativen erlernen

Vielleicht kennst du auch diesen unbändigen Drang zu kratzen, der sich selbst mit viel Willensstärke kaum bändigen lässt. Um ihm zu widerstehen, brauchst du handfeste Techniken. Zum Glück gibt es welche, die wirklich gut funktionieren. Teste, was dir am besten hilft.

  • Kneten, streicheln, klopfen: Reagiere auf den Reiz zu kratzen ohne Einsatz der Fingernägel. Die Haut sollte in jedem Fall intakt bleiben, damit du keine Infektionen und Entzündungen riskierst. Knete, klopfe und streichle!
  • Ein Objekt kratzen: Kratze alles, was dir gerade in die Finger kommt – nur nicht deine Haut. Also das Sofakissen, die Glasvase, deine Kaffeetasse. Verschafft dir das Erleichterung? Dann hast du dein Gehirn erfolgreich ausgetrickst. 

Schritt 3: Pflege und Pflegeroutinen anpassen 

Deine Haut kann Feuchtigkeit nicht so gut halten, daher solltest du sie zweimal täglich eincremen. Sterile Kosmetik, die während der Anwendungsdauer keimfrei bleibt, ist ein Pluspunkt für die gestörte Hautflora. Die Basispflege kann sich in verschiedener Hinsicht positiv auswirken:

  • Konsequente Pflege stärkt deine Hautschutzbarriere
  • Deine Haut ist glatter und weniger rissig – Keime können nicht so leicht eindringen
  • Je nach Inhaltsstoffen kann die Creme deinen Juckreiz lindern und indirekt zur Verbesserung deines Hautzustandes beitragen – trage sie leicht gekühlt auf, um den Effekt zu verstärken

Achte bei deiner Creme auf diese Eigenschaften:

  1. Rückfettend
  2. Ohne Allergene
  3. Ohne Konservierungsstoffe
  4. Juckreizlindernde und entzündungshemmende Inhaltsstoffe

Tipp: Reduziere den Kontakt mit Wasser so gut wie möglich und verwende auch sonst rückfettende Hautpflege-Produkte, die sich gut für die Therapie deiner Neurodermitis eignen.

Schritt 4: Ein eigenes Hausmittel-Repertoire aufstellen

Hausmittel sind in deiner persönlichen Neurodermitis-Therapie eine sinnvolle Ergänzung zur medizinischen Behandlung und täglichen Pflege. Die Haut reagiert individuell. Daher heißt es für dich: austesten, welche Anwendungen dir Linderung verschaffen und verträglich für dich sind.

  1. Kühlkompresse – gegen Juckreiz: Wenn Juckreiz dich quält, kann die Kälte einer Kühlkompresse gegensteuern. Als Zwischenschicht eignet sich ein dünnes Baumwolltuch, damit der Kältereiz nicht zu stark ist.
  2. Gerbstoffreiche Umschläge – gegen Entzündungen: Schwarztee und Eichenrindenextrakt eignen sich gut für Kompressen. Sie dämmen Entzündungen ein, trocknen aber die Haut stark aus. Daher solltest du deine Haut anschließend großzügig mit einer reichhaltigen Pflege eincremen. 
  3. Cleopatra-Bad – gegen trockene Haut: Bade maximal 20 Minuten in einem Liter Kuhmilch, der mit 100 ml Olivenöl versetzt ist und nicht zu heiß ist. Ruhe danach mindestens eine halbe Stunde lang.

Schritt 5: Kleiderschrank checken

Hitze, Kälte, Schweiß: Diese Faktoren können einen akuten Schub auslösen. Darum solltest du bei deiner Kleidung einen Blick auf die Materialien werfen. Sie können extreme Temperaturen ausgleichen und Hitzestaus mit Schweißbildung vermeiden. Greife vorwiegend zu glatt gewebter Bio-Baumwolle – sie ist atmungsaktiv und hautfreundlich. Achte beim Kauf auf einen lockeren Sitz und flache Nähte, denn Reibung kann die Haut reizen. Sonst ziehe die erste Kleidungsschicht einfach auf links.

Schritt 6: Ernährung umstellen

In der Neurodermitis-Therapie hat eine gesunde Ernährung einen hohen Stellenwert. Dabei gibt es einige allgemeingültige Empfehlungen: Iss gemüsereich und greife zu natürlichen saisonalen und möglichst unverarbeiteten Lebensmitteln. Schweinefleisch, Alkohol und Süßigkeiten solltest du meiden, wenn du dich entzündungshemmend ernähren möchtest.
Beobachte außerdem die Reaktionen deiner Haut: Scheinst du einzelne Nahrungsmittel nicht zu vertragen, kannst du zusätzlich einen Bluttest machen. Er liefert jedoch nur Hinweise, so wie die Signale deiner Haut eben auch. Also horche im Zweifel immer in deinen Körper hinein.

Bild-Idee: Person, die gesundes Essen zu sich nimmt.

Schritt 7: Stress minimieren

Die Hochs und Tiefs des Alltags bringen auch deine Haut in Aufruhr. Ja, richtig: Auch positive Gefühle können einen neuen Entzündungsschub auslösen. Stress lässt sich jedoch nicht immer vermeiden. Stärke daher deine innere Mitte. Mache Entspannungsübungen, Meditation oder Yoga zur festen Größe deiner persönlichen Neurodermitis-Therapie. Wenn dich nichts mehr so leicht aus der Ruhe bringt, ist auch deine Haut stabiler. Außerdem solltest du deine Tagesstruktur überprüfen: Setzt du deine Timings zu eng und stehst ständig unter Strom? Hast du genug Zeit für Dinge, die dich entspannen wie Sport oder lesen? Plane genug unverplante Zeit ein.

Schritt 8: Gelassenheit lernen

Lass uns nun noch dein Selbstbild betrachten. Wie stehst du eigentlich zu dir und deiner Haut? Wie positiv denkst du über die dich – trotz deiner atopischen Erkrankung? Vielleicht plagen dich insgeheim Scham und Schuldgefühle. Viele Menschen mit Neurodermitis sind offenbar Perfektionisten, nehmen die Dinge ganz genau. Zählst du auch dazu? Nimm den Druck raus, übe dich in mehr Gelassenheit und sei nicht so streng mit dir selbst.

Fazit: Mach deine Neurodermitis-Therapie zu deinem persönlichen Projekt

Deine Neurodermitis-Therapie sollte so einzigartig sein wie du und deine Haut. Wir wissen: Das ist schon ein kleiner Balance-Akt. Einerseits ist es wichtig, dass du deine Handlungen an den Bedürfnissen deiner Haut ausrichtest. Setzt du dich aber dabei unter Druck, kann der Schuss nach hinten losgehen. Umso wichtiger, dass du deine Haut annimmst wie sie ist, in jedem Stadium. Je entspannter du bist und je konsequenter du pflegst, desto größer ist die Chance auf eine dauerhaft positive Wendung.

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